Weit über dem dorf der Midgard

Reena stand am Rande einer Klippe und kickte Kieselsteine hinunter. Eine warme Brise wehte ihr um die Nase und wirbelte den Duft von Moos und frischgemähtem Graß aus dem Tal hinauf zu ihr. Sie liebte diesen Geruch. Es war ihr Begriff von Heimat. Sie blickte über weite Felder und einen großen Wald an dessen Rand sie ein kleines dörfchen wahrzunehmen glaubte. Um besser sehen zu können kniff sie die Augen ein wenig zu. Ihr Magen knurrte und sie stellte sich vor was es dort hinten auf dem Marktplatz für Köstlichkeiten geben musste. Dann grinste sie. "Gwydyon?", rief sie ohne den Blick abzuwenden. Wie ein schwarzer Schatten erhob sich der Drache hinter ihr und schnaubte. "Hast du Hunger?"

Wyder flog auf Voltaires Rücken hoch oben in der Luft. Er hatte schon lange die Fremde und ihren Drachen erspäht und wollte wissen, ob sie eine Gefahr für das Dorf darstellte. Sie sah zwar nicht so aus, als gehörte sie zum Volk der Nalar, jedoch konnten auch andere Fremde Unheil für das Dorf bedeuten. Wyder sah es als seine Pflicht an, das Dorf vor jeglichen Eindringligen zu beschützen, nachdem in der letzten Schlacht gegen die Nalar so viele Wächter gefallen waren.

Lautlos glitt er auf seinem Gefährten im Gegenwind über den Köpfen Reenas, sowie Gwydyons, stets darauf bedacht nicht erkannt zu werden.

Gwydyon horchte auf. "Das ist keine gute Idee", knurrte er. Ihm war klar was Reena vor hatte, aber er spürte, dass ein anderer Drache in der Nähe war. Sie wurden beobachtet. Vorsichtig beugte sich der Drache zu seiner Reiterin herunter."Steig auf. Wir sollten uns...einen Überblick verschaffen." Mit einigen großen Flügelschlägen erhoben se sich in die Lüfte und segelten durch die seichte Wolkendecke.

Voltaire spürte dass die Fremden näher kamen. 'Sie kommen hier her', Der Drache sandte den Gedanken an seinen Reiter. Wider sah sich hastig um, 'Komm..lass uns in Deckung gehen..' Voltaire flog einen kleinen Kreis und versuchte sich in der Wolkendecke zu verstecken, um die Neuen von nahem beobachten zu können. Er spürte jedoch, dass der andere Drache angespannt war.

'Wyder..der Drache hat uns längst bemerkt..Wir müssen vorsichtig sein..'

Der junge Mann lehnte sich eng an den schuppigen Hals seines Gefährten und starrte in das Wolkengedränge.

Reena sah nach oben. Zwischen den Wolken erblickte sie einen bräunlich orangen Feuerdrachen, nicht ganz so groß wie Gwydyon, aber durchaus nicht unbedrohlich. Gwydyon schlug stärker mit den Flügeln und knurrte leise. 'Was soll der Scheiß?! Wenn sie noch näher kommen, mach ich Hackfleisch aus ihnen!' 'Hey, komm mal runter. Du weißt doch gar nicht was die wollen.' Reena gab Gwydyon einen leichten Klaps an den Hals um ihn zur Ordnung zu rufen. 'Aber vielleicht sollten wir uns die Spanner da mal genauer ansehen.' Das Tier schnaufte zustimmend und zog nach oben.

Voltaire gewann Höhe, doch hielt abrupt an. 'Was ist los Voltaire?' 'Wenn sie kämpfen wollen, dann nur zu..' Der Drache knurrte und hielt sich auf der Höhe.
Wyder kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Die Fremden näherten sich rasend schnell und kaum hatte er geblinzelt, hielten sie sich auf Augenhöhe.

Reena krallte sich in Gwydyons Schuppen um ihn zu stoppen. Dann setzte sie sich aufrecht hin und warf dem Drachen und seinem Reiter einen kühlen Blick zu. Gwydyon fiel es schwer sich zu beruhigen und er brüllte und fauchte bedrohlich. "Gibt es ein Problem, Fremder?"

Voltaire schnaubte unruhig und schlug ab und an mit seinen mächtigen Schwingen. Wyder musterte sein Gegenüber skeptisch und sprach bedächtig,"Nur nicht, wenn ihr mir verratet wer ihr seid und was euer Anliegen ist.." 'Ganz ruhig Voltaire', er sand seinem Gefährten eine beruhigenden Gedanken.

"Wer will das wissen?", fragte Reena skeptisch und zügelte ihren Gefährten 'Meinst du wir können ihnen vertrauen? Sie scheinen doch ganz...in Ordnung zu sein.', fragte sie Gwydyon in Gedanken. 'Ist das dein Ernst? Nur weil DICH dieser Zweibeiner irgendwie rollig macht heißt das nicht, dass WIR ihm vertrauen können' Wütend rammte sie ihre Hacken in die Schultern des Drachens und nahm wieder Haltung an. Ihr Gegenüber sah wirklich gut aus. Ach was. Sie räusperte sich und setzte ein drängendes "Na?" hinterher.

Wyder schüttelte gereizt den Kopf, "Seht ihr hier sonst noch jemanden außer mir und meinem Drachen?" Er funkelte die junge Frau böse an, "Ich kann natürlich auch andere Maßstäbe setzten.." Er klopfte auf die Schwertscheide an seiner Seite.

Auch Voltaire schien nicht sonderlich begeistert von den Beiden zu sein. Stets behielt er auch jede ach so Kleine Bewegung der beiden im Auge.

Reena zischte verächtlich."Wollt ihr uns etwa drohen?" Gwydyon zappelte aufgeregt. Endlich hatte er die Chance sich mal wieder ein wenig auszutoben. Allerdings schien der andere Drache wohl kein leichter Gegner zu sein. Vielleicht wäre ein Kampf doch keine so gute Idee.'Angriff oder Rückzug?', fragte Reena ihn in Gedanken. 'Hab ne bessere Idee', antwortete Gwydyon und schlug heftig mit den Flügeln. Reena grinste.

"Dann müsst ihr uns aber erst fangen. Wer zuerst bei dem kleinen Dorf da ist, ihr Spießer! Yeehaaa!"

Gwydyon machte auf der Stelle kehrt und zischte im Sturzflug auf die Siedlung zu.

"wartet!", rief er und flog mit Voltaire blitzschnell vor die Neulinge. "Seid ihr wahnsinnig geworden oder habt ihr Drachenmist im Hirn?" Er wirkte verärgert,"wenn ihr dort hinein fliegt werden hunderte von Drachen aus dem Hort hinaus Schwärmen und sich auf euch stürtzen." Wyder schüttelte den Kopf,"da ihr anscheinend ungefährlich seid, werde ich euch zum Hauptmann bringen. Er wird entscheiden was mit euch geschieht."

"Ihr bringt uns nirgendwo hin!", knurrte Reena feindseelig. "Wir fliegen hin, wo wir wollen und ihr seid in keinster Weise verpflichtet uns zu beschützen." Wie arrogant war das denn?! "… und überhaupt wieso seid ihr so sicher, dass wir keine Bedrohung für euer kleines niedliches Dörfchen darstellen?" Gwydyon wurde langsamer.

"Sonst hättet ihr mich längst umgebracht und euer Vorhaben ausgeführt." 'Komm Voltaire..' Der Drache machte kehrt und flog langsam auf das Dorf zu.

Weder schüttelte den Kopf. Er möchte keine Fremden, aber die zwei, waren mit Abstand die merkwürdigsten die ihm Untergekommen waren.