und los...

Chepi saß am Brunnen und ließ die Füße in das kalte Wasser baumeln. Sie sah hinüber zum riesigen Drachenhort und schmunzelte, als sie die vielen Drachen die dort Hausten, erblickte. Ein fantastischer Anblick.
Das Wetter war sonnig, jedoch blies ab und an ein angenehm kalter Windhauch durch ihre langen, teils geflochtenen Haare. Sie wollte später jagen gehen, doch Luzifer schien noch zu schlafen. Eigentlich schienen so gut wie alle Bewohner des Dorfes zu schlafen, außer sie und ein Teil der Drachen.

Amai machte einen erfreuten Luftsprung, als die Schaukel in Sicht kam und zerrte Ronan hinter sich her. Sie konnte es kaum erwarten! Je höher sie mit der Schaukel kam, desto eher fühlte es sich wie fliegen an. Und fliegen - das machten auch Ronan und die anderen mit ihren Drachen. Amai war noch zu klein, um selbst einen Drachen zu bekommen, doch das bedeutete nicht, dass sie nicht gern davon träumte und sich in die Lage der Reiter versetzte.

Er setzte den kleinen Fratz auf die Holzschaukel und stellte sich hinter sie. Er erinnerte sich, wie er sie ganz allein im Walde gefunden hatte und wie mutig sie doch war. Er schubste sie leicht an und schon begann Amai mit den kleinen Beinchen hin und her zu wippen. Ronan fühlte sich für die Kleine verantwortlich, sah sich jedoch in keinster Weise als Vaterersatz an. So etwas würde er niemals tun.

Amai zog die Beine an, als die Schaukel ihren höchsten Punkt erreichte und sie zurück schwang. Das Haar wurde ihr ins Gesicht geweht und dann wieder zurück hinter ihre Schultern, als Ronan sie noch einmal anstieß. "Höher!", rief sie lachend und ihre kleinen Finger hielten die beiden Stricke ganz fest. "Noch höher!"

Ronan lächelte gutmütig,"vorsichtig sonst schnappt dich noch ein Drache weg! Hast du denn gar keine Angst?" Es faszinierte den Hauptmann das dieses kleine Mädchen so voller Lebensfreude erstrahlte, doch hatte er stets die trüben Hintergedanken im Kopf, die in Pergamentform in dem Versammlungsraum lagen. Immer weiter schubste er Amai und erfreute sich an ihrem lachen.

Amai lachte auf. "Angst? Wovor denn? Das hier ist das aller aller Schönste, was ich mir vorstellen kann!" Sie drehte den Kopf zu ihm und ihre Augen leuchteten. Ihr Magen machte einen Satz, als sie den höchsten Punkt erreichte, und sie kicherte.

Nach einer Weile hielt Ronan die Schaukel an."na? Genug?" Er grinste, denn er wusste welche Antwort kommen würde.

Chepi bemerkte Hauptmann Ronan und Amai und beschloss, zu den beiden zu gehen "guten morgen", grüßte sie die beiden und legte ein schiefes Lächeln auf. sie mochte die kleine Amai sehr und scheinbar hatte die kleine auch sie gern.

Etwas widerwillig folgten Reena und Gwydyon den beiden Fremden hinunter ins Dorf. Sie landeten etwas abseits und als sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, stieg Reena ab und streckte dem jungen Mann forsch die Hand entgegen."Reena. Das ist mein Gefährte Gwydyon und mit wem haben wir die Ehre?" Gwydyon schnaufte zustimmend.

wyder konnte ein triumphales Grinsen unterdrücken. Er nahm Reenas Hand entgegen,"wyder und der Name meines Gefährten lautet Voltaire." Der mächtige Drache neigte ehrenvoll seinen Kopf, denn er war ganz und garnicht unhöflich.
"Am besten ihr schickt euren Drachen entweder noch weg oder lasst ihn hier unten. Im Hort wäre er im Moment nicht angebracht."

Reena nickte stumm. Sie nahm den Kopf ihres Drachens in die Hand und schmiegte sich sacht an ihn. 'Ich bin bald wieder da.', sandte sie Gwydyon. 'Pass auf dich auf' Dann drehte sie sich zu Wyder um und stemmte die Hände in die Hüften."Also dann, bring mich mal zum Chef, wenn du das für so unbedingt nötig hälst."

Wyder sah sich um. Er erblickte Hauptmann Ronan bei der großen Eiche, zusammen mit chepi und Amai. "Dort vorn ist er..Kommt mit." Er nickte in Richtung der Gruppe und ging los.

Reena trottete Wyder hinterher und sah sich um. Es war schön hier. Rings herum umarmten grüne Wiesen, voll von Gänseblümchen kleine Häuser mit Reddächern, indenen wohl Reiter und Familien lebten. Ein schmaler Bach durchzog die Landschaft und führte Reenas Blick in Richtung des Drachenhortes. Einige von ihnen waren sogar noch größer und bedrohlicher als Gwydyon. Es waren vielleicht hundert, hundertfünfzig Drachen, die friedlich in der Mittagssonne dösten. Vielleicht, war es ja doch ganz gut gewesen, dass sie und Gwydyon nicht über das Dorf hergefallen waren.

Ein Kinderlachen riss Reena aus ihren Gedanken und es dauerte eine Weile bis sie es zuordnen konnte. An einem Baum, auf einer improvisierten Schaukel saß ein kleines Mädchen, welches vergnügt mit den Beinen wackelte. Dahinter stand ein großer bulliger Mann aus dessen Gesicht viel Erfahrung und Weißheit zu lesen war. Wie alt er war konnte Reena schlecht einschätzen, aber seine Ausstrahlung war so würdevoll und präsent, dass sogar jemandem wie Reena nichts anderes übrig bliebe als sich voller Hochachtung und Respekt zu verneigen. Dieser Mann musste das Oberhaupt des Dorfes sein, dessen war sie sich sicher. Die dritte im Bunde war eine junge Frau, ungefähr in Reenas Alter. Sie schien Wyder und sie bereits kommen zu sehen, denn sie warf einen Messer scharfen Blick genau in ihre Richtung. Das würde noch lustig werden. Reena räusperte sich liese, als sie sich den drei Gestalten bis auf wenuge Meter näherten.

Chepi blickte verwirrt Wyder an, der wiederum nur mit dem Kopf schüttelte. Er räusperte sich ebenfalls und bat um Entschuldigung für die Störung.

Hauptmann Ronan hielt sacht die Schaukel an und sorgte dafür, dass Amai unversehrt zum stehen kam. Er bat Chepi die Kleine auf den Arm zu nehmen und näherte sich Wyder, sowie der jungen Frau die an seiner Seite stand. Er blickte ernst zu der Neuen, dann zu Wyder und fragte mit tiefen und wohl überlegten Worten," Ist sie im Auftrag des Feindes hier?" Finster sah er wieder zu Reena.

Wyder schüttelte den Kopf, "Ich traf sie ungefähr 60 Flügelschläge entfernt an einer Klippe. Sie war zusammen mit ihren Drachen dort, schien aber nicht das Dorf angreifen zu wollen. Es ist meiner Ansicht nach nicht nötig sie zu bestrafen."

Ronans Miene wurde noch ernster, "Deine Ansichten sind nebensächlich." Er beachtete Wyder nicht, der den Blick vom Hauptmann abwand und die Hände zu Fäusten ballte. "Man kann heutzutage keinem Fremden vertrauen. Vielleicht sollten wir sie einsperren und warten, ob sie Kontakt zu den Nalar hat."

Amai warf Chepi, die sie mittlerweile auf den Arm genommen hatte, einen Blick zu. Eigentlich hatte sie noch immer nicht genug von der Schaukel, aber von Ronan konnte sie jetzt wohl nichts mehr erwarten - er hatte dieses komische, geschäftige

Verdammt xD

... Gesicht aufgesetzt, das immer davon zeugte, dass er mit anderen Dingen beschäftigt war. Amai mochte dieses Gesicht nicht.
Aber zum Glück gab es ja noch andere Dorfbewohner! "Sag mal, Chepi...", begann sie beinahe beiläufig und setzte ihr zuckersüßestes lächeln auf.

"Ja Amai?", sie lächelte zu dem Mädchen hinab und sah sie liebevoll an, "Was möchtest du denn?"

Amai senkte den Blick auf Chepis Haar, die kunstvollen, perfekten Zöpfe darin. "Kannst du mir Anschwung geben?", fragte sie, als sie den Blick wieder hob und ihre großen dunkelbraunen Augen Chepi taxierten. "Oder können wir was anderes spielen?"

Die junge Frau überlegte kurz, "Vielleicht..fällt mir da ja was besseres ein.." Sie lächelte und hob Amai etwas in die Luft, wie wäre es wenn wir in mein Haus gehen? Ich habe bestimmt noch ein paar Narzissenplätzchen übrig.." Narzissenplätzchen waren eine herrlich duftende Gebäckspezialität der Midgard, die es einfach zu probieren galt, wenn man sie nicht kannte. Wie eine Narzissenblüte geformt, schmolzen sie förmlich auf der Zunge und trieben, mit ihrem an Narzissennektar und Vanille erinnernden Geschmack, jedem Feinschmecker wahre Glücksfunken in Augen und Seele.

Amai bekam leuchtende Augen, als sie das hörte. "Oh ja!", rief sie aufgeregt und bewegte strahlend die Beine auf und ab, während sie auf Chepi hinabstrahlte. "Ich hab schon soooo lange keine Narzissenplätzchen mehr gegessen! Mindestens -" Sie hielt kurz inne und zählte, wobei sie die Hände zur Hilfe nahm, "Mindestens SECHS Tage nicht! Ronan macht nämlich fast nie welche."

" Das mag vielleicht daran liegen, dass Ronan keine backen kann.." Sie kicherte und warf einen amüsierten Blick zum Hauptmann, der den beiden keine Beachtung schenkte. Dann riss sie sich zusammen. Man machte vor seinem Vorgesetzten keine Späße. Sie setzte Amai ab und nahm sie bei der Hand, während sie sie zu einer kleinen Hütte führte. Als Chepi die Tür öffnete, schmeichelte der liebliche Duft von Glockenblumen, Wildrosen und Majoran ihre Nasen. Der kleine Raum war zwar vollgestellt mit wackeligen Regalen voll staubiger, in Leder gebundenen Büchern und diversen Tontöpfen mit unbekanntem Inhalt, jedoch zerstörten diese Sachen nicht die eigentliche Schönheit der Inneneinrichtung. Die Vielzahl an Blumen, die in kleinen Vasen aufgestellt waren und die Kräuter, die von der Decke hingen, verliehen dem Raum etwas eigenartig magisches.
Chepi zog einen kleinen Hocker unter ihrem Schreibtisch hervor und bot Amai den Platz an. Sie ging zu der Arbeitsplatte und holte einen Teller, der am Rand faszinierende Muster eingearbeitet hatte, hervor und stellte ihn vor Chepi auf den Tisch. Auf ihm lagen ein gutes Dutzend Narzissenplätzchen und um die Köstlichkeit abzurunden, brachte Chepi ebenfalls einen Krug voll Drachenmilch und zwei Becher.

Amai schaute sich mit großen Augen um. Sie hatte Chepis Hütte schon immer gemocht - sie vermittelte ihr ein Gefühl, der Bewohnerin ganz nah zu sein. Chepis Anwesenheit war überall in diesem Haus, in jeder Blüte und jedem Buch... und jedem Plätzchen! Amai streckte eine Hand aus und nahm eines der Gebäcke vom Teller, musterte es und steckte es schließlich in den Mund. "Mhh! Die schind echt schuper!", sagte sie und kaute xD

Chepi lachte, "Es freut mich, dass sie dir schmecken..Luzifer findet sie ebenfalls gut..Apropos!" Sie warf einen Blick aus ihrem Fenster und blickte hinüber zum Drachenhort, "Er scheint wohl immernoch zu schlafen..Dieser kleine Faulpelz.." Sie lächelte verträumt und erinnerte sich an die frühere Zeit, wo sich die beiden noch sehr fremd waren.

Amai schluckte den Rest herunter und folgte Chepis Blick nach draußen. "Wir geht es Luzifer denn?", fragte sie neugierig und baumelte mit den Beinen. "Wollt ihr heute noch fliegen?"

Chepi wurde aus ihren Träumereien gerissen und blinzelte Amai an. "Was? Fliegen?", die junge Frau lachte, "Ach Liebes, hast du das denn vergessen? Luzifer kann doch gar nicht fliegen.." Sie strich über den Kopf des Kindes, "Aber ja, Luzifer geht es sehr gut. Kerngesund und munter!"

"Was?! Zu wem soll ich Kontakt haben?" Reenas Blick wanderte zwischen Wyder und dem offensichtlichen Oberhaupt hin und her. Sie war sichtlich verwirrt."Bitte entschuldigt Euer Dorf...oberhaupt...igkeit..." Etwas beschämt und doch nicht weniger selbstbewusst schüttelte sie den Kopf. Dann trat sie einen Schritt vor und fiel in einen kleinen Knicks. "…ich weis nicht genau, wie ich hier hergekommen bin, aber Tatsache ist, dass ich bloß eine...ein Mädchen bin, das alleine mit ihrem Drachen unterwegs ist, ohne Ziel, ohne Mission...ich habe keinerlei Anschluss an irgendeine gesellschaft und von diesem Naler...oder wie auch immer das heißt haben ich auch noch nie gehört." Sie verharrte in ihrer Position und ihr Blick haftete fest am Boden. "…ich unterstütze Eure Skepsis und würde selbst nicht anders handeln, aber, bei allem Respekt, ich lasse mich nicht einsperren, wenn ich mir keinerlei Schuld bewusst bin." Reena biss sich auf die Lippe. Warum nur sagte sie immer so schnell genau das, was sie dachte?! Dann schaute sie auf und blickte in die erwürdigen Augen des Hauptmannes. Irgendwann würde sie genau das noch den Kopf kosten.